Translate

Sonntag, 27. Oktober 2013

Jugend ohne Kindheit - Werbeindustrie und ihre Zielgruppe "Mädchen" - 3sat 26.09.2013

Helft Euren Kindern es zu durchschauen, dass sie von der Werbeindustrie an der Nase herumgeführt werden! Verbote bringen gar nichts. Die Kinder müssen den Mechanismus verstehen, wie sie manipuliert werden. Erst über das Verstehen können sie sich davon befreien und selbstbestimmt erwachsen werden.

--

Vom Strampler zu den Strapsen

3sat Wissenschaftsdoku vom 26.09.2013 20.15 Uhr

Jugend ohne Kindheit: Sexuelle Attraktivität wird zum Maß der Dinge. Präpubertäre Mädchen sehen sich als Objekte, deren Hauptaufgabe es ist, Jungs zu gefallen. Die wiederum haben Zugriff auf alle Spielarten von Sex im Internet

Weiterführende Informationen:
http://www.3sat.de/mediathek/?mode=pl...

Kinder und Jugendliche geben allein in Deutschland jedes Jahr knapp 5 Milliarden Euro für Kleidung und Schmuck aus. Auf den Webseiten der 15 bekanntesten amerikanischen Modelabels fällt etwa ein Drittel der Kleidung in die Kategorie "sexy". Von Push-Up BHs über Stringtangas bis zum Mini-Röckchen - alles Kleidung für Erwachsene. Aber der Weg in die Sexualisierung beginnt bereits viel früher: bei unschuldigen Prinzessinnen. Wenn es um Prinzessinnen geht, ist Disney unangefochtener Marktführer. Mit mehr als 26.000 Artikeln kann jedes kleine Mädchen die Namen seiner Heldinnen im Schlaf herunterbeten. Welchen Einfluss haben da die Eltern? Karla Etschenberg, Lehrerin und Erziehungswissenschaftlerin: "Ich weiß nicht, ob man das unterbinden kann. Es gibt ja Eltern, die schaffen das. Aber das sind nur wenige Eltern. Und dann ist auch die Frage, ob man es unterbinden muss. Das ist eine Frage der Wertvorstellungen. Und da sind wir natürlich bei einem grundsätzlichen Problem, das Sexualverhalten, das Geschlechterverhalten hat sich über die Jahrhunderte ständig verändert und davon ist die Welt nicht untergegangen. Und davon wird die Welt nun auch nicht untergehen. Wir müssen nur vielleicht von einigen Wertvorstellungen verabschieden, die in der älteren Generation und vielleicht auch noch in der jungen Generation wirksam sind, die man so nicht mehr hochhalten kann, da die Kinder so den Medien ausgesetzt sind und der Gruppendruck so hoch wird in eine bestimmte Richtung, dass man sehr wenig dagegen tun kann." Sexualisierte Spielsachen Schon bei den Kleinen bestimmen Werbeindustrie und Gleichaltrige welche Puppen gerade „in" sind. Erst ist es Barbie, doch schnell wird auch die zu brav - dann müssen die aufreizenderen Bratz-Puppen samt Schmolllippen, dunklem Lidschatten und winzigen Mini-Kleidchen her. Und wem die Bratz-Puppen immer noch nicht heiß genug sind, der findet noch eine Steigerungsform - die Puppen von „Monster High". Sexualisierung pur. Und an Kinder gerichtete Fernsehwerbung ist in den USA und der EU ausdrücklich erlaubt. Die Einschränkungen sind minimal. Im Internet gibt es überhaupt keine Beschränkungen. Die meisten 6jährigen navigieren selbstständig zu ihren Lieblingsseiten. Der Amerikanische Fachverband für Psychologie hat den Einfluss von sexualisierten Spielsachen und Kleidung auf Kinder untersucht. Laut dieser Studie wird der Schaden größer, sobald Mädchen das Teenager-Alter erreichen. Deborah Tolman, Sexualpsychologin: "Es gibt negative Auswirkungen wie psychische Probleme und Depressionen. Sexualisierung ist verbunden mit mehr Risiko und weniger Kondom-Einsatz. Wir lernen, uns sexy zu verhalten und das macht uns befangener, weil wir uns ständig Gedanken um unser Aussehen machen." Ein Workshop in Kanada hilft Mädchen, sich gegen Sexualisierung aufzulehnen. Seit Saleema Noon vor mehr als zehn Jahren mit ihren Seminaren begann, sind die Mädchen, die sich anmelden, immer jünger geworden. Der Druck der Sexualisierung beginnt in immer früherem Alter. Saleema Noon, Sexualtherapeutin: "Neulich war ich an einer Schule, an der sich zwei Siebtklässlerinnen mit einem Handy gegenseitig oben ohne fotografiert haben. Sie haben die Bilder an einen Jungen aus ihrer Klasse geschickt. Auf die Frage, warum sie die Nacktfotos verschickt hätten, meinten sie, sie wollten, dass er auf sie aufmerksam wird. Ich hätte heulen können." Geschichten wie diese haben Noon dazu veranlasst, das Alter der Zielgruppe für den Workshop nach unten zu korrigieren. Saleema Noon, Sexualtherapeutin: "Wir haben mit 10- bis 13jährigen begonnen und schnell gemerkt, dass das zu spät ist. Jetzt arbeiten wir mit Neunjährigen, weil die Mädchen immer früher gezwungen sind, sich wie Erwachsene zu verhalten, sie dürfen nicht mehr lange Kinder sein." Und dieser Druck steigt, weil Smartphones und andere Geräte, die eigentlich für Erwachsene bestimmt sind, nun auch von Kindern benutzt werden. Saleema Noon, Sexualtherapeutin: "Kinder bekommen diese Erwachsenen-Geräte in die Hand und wissen einfach noch nicht den Unterschied zwischen öffentlich und privat. Das Internet bietet die größtmögliche Öffentlichkeit, während unsere Körper und Sexualität das Intimste sind, was es gibt."